Die Arbeit von Ingrid Conrad-Lindig
Ingrid Conrad-Lindig hat sich keinem leichtem Werkstoff verschrieben. Es wäre sicher um einiges leichter Ihren Gedanken auf Papier oder Metall Ausdruck zu verschaffen. Auch die mit der Bearbeitung des heißen Glases zunächst wohltuend empfundene Wärme steigt schnell mit der Größe der gefertigten Stücke an.
Ingrid Conrad-Lindig arbeitet schon lange im heißen Glas. Begonnen hat sie in Bayerischen Wald bei Erwin Eisch. Später volontierte sie bei Harvey K. Littelton an der University in Madison /Wisconsin. Danach betrieb sie - wieder zurück in Deutschland - in Clausthal-Zellerfeld im Oberhazr einen Studioglasofen zusammen mit der Mundblashütte Süßmuth.
Schließlich gründete Sie vor vielen Jahren in Ingelheim eine eigene Werkstatt. Mit der Unterstützung von Schott Glaswerke baute Sie dort ihren eigenen Studioglasofen. Sicher als eine Besonderheit im Vergleich zu ihren Künstlerkollegen darf gelten, daß sie in ihrem Ofen Fernsehglas schmilzt. Es war mehr ein Zufall, daß sich dieses Glas für ihre Arbeiten anbot. Im entfernten Sinne gaben jetzt die Herkunft der Scherben, die sie zu Herstellung ihrer Schmelze benutzt, Ihren Stücken eine doppelte Bedeutung.
Vieles dreht sich in Ihren Werken um den Menschen, um die Beziehungen der Menschen zueinander und der Balance, die ein jeder für sich sucht.
In der skulpturellen Arbeit, die sie jetzt mit Einbeziehung von gepreßten Fernsehschirmen aus der Fernsehproduktion von Schott schuf, kommt dieses Thema mit Deutlichkeit zum Ausdruck. Es zeigt das Medium Fernsehen verfremdet mit in Farbe aufgetragenen Figuren, zum Teil auch als heiß geformte Figuren und auf den Schirm aufgeschmolzen. Medien als Chance zur Kommunikation, als eine kreative Welt, die den Betrachter aber auch isolieren und in seiner eigenen Kreativität bremsen kann.
Die Bemalung der Schirme sei sicher für das Gerät im eigenen Heim nicht zur Nachahmung empfohlen. Nicht ganz ungewollt ist der Gesamteindruck von Kraft, Freude am eigenen Schaffen in der Konfrontation mit den "leblosen Elementen" aus der Welt der Technik.
Das Thema Isolation, Eingeschlossen sein, findet in den Arbeiten von Ingrid Conrad-Lindig seine Vorläufer in den in Glas eingegossenen Figuren. Wie in Eis gefrohren wirken sie in den massiven Glasblöcken, die sie in den Jahren zuvor gschaffen hat. Die Arbeit zusammen mit den industriell hergestellten Fernsehschirmen bringt nun den direkten Bezug über das Thema Kommunikation und Medien.
Die Arbeit mit freien Formen war für Ingrid Conrad-Lindig noch nicht lange vertraut. Wie sie selbst sag "war es ein langer Weg ausgehend von der traditionellen Glasgestaltung hin zur freien Arbeit".
Das heiße Glas birgt nach Ihrer Meinung die Gefahr - eben wegen der hohen Schwierigkeit in der Verarbeitung - in der handwerklichen Tradition verhaftet zu bleiben. "Die Beherrschung der Form zwingt uns dazu die gewünschte Form häufig zu reproduzieren. Schnell ist man dann allerdings in dem Rausch die einmal erarbeitete Form wieder und wieder zu benutzen und sich selbst dabei auch in der Beherrschung des Materials zu genießen". Für Ingrid Conrad-Lindig ist dies um so lästiger, als daß sie sich gegen die Überlegenheit der körperliche Kraft ihrer männlichen Kollegen noch behaupten muß.
Erst seit wenigen Jahren gestaltet Ingrid Conrad-Lindig Ihre freien, ganz zweckungebundenen Glasskulpturen. Dickwandige Körper mit klarem, einfachen Umriß, kräftigen Grundfarben und im Glas eingeschlossener Malerei. Die Glasmalerfarben um die Malerei in das Glas zu bringen hat sie von einen ihrer Reisen aus Amerika mitgebracht. Wichtig ist ihr bei der Gesamtgestaltung der Skulpturen die Balance zwischen der Stärke und dem Gewicht der Körper einerseits und der Sensibilität der eingeschlossenen Malerei andererseits. Die klare Geometrie der Form steht der fast flüchtig aufgebrachten Farbe entgegen und ist denoch im Gleichklang. Die für die Größe der Teile kleine Standfläche gibt den Gläser einen fast schwebenden Ausdruck.
Die Malerei ist für Ingird Conrad-Lindig mehr und mehr zu einem wichtigen Stilmittel im Ausdruck ihrer Arbeiten geworden. Sei es auf Ihren klaren geometrischen Formen oder in Zusammenspiel mit dem mehr figürlichen Themen, die sich um Ihre"Puppen in Glas" bewegen. Das Glas ist der Ausgangspunkt, dem sie trotz der vielen technischen Problemen, denen sie sich bei der Erarbeitung Ihrer Stücke gegenübergestellt sieht, verbunden fühlt. Es bleibt für Sie die Herausforderung und der Anreiz immer wieder neue Wege zu versuchen um sich in dem Werkstoff Glas mitzuteilen.
Wie bereits angesprochen stellt die Bearbeitung des heißen Glases hohe technische und handwerkliche Ansprüche. Ganz im Gegensatz dazu stehen die Möglichkeiten, die sich in Deutschland derzeit bieten, um das Handwerk und die Kunst des Glasmachens zu erlernen. Der Ausbildungsweg von Frau Conrad-Lindig über die Staaten ist dafür beispielhaft.
Seit Beginn der 90iger Jahre bemüht sich daher Frau Ingrid Conrad-Lindig, junge Menschen in ihrer Ausbildung im Bereich des künstlerischen Handwerks an das Material Glas heranzufüheren.
Von 1991 bis 1995 unterrichtete sie jährlich an der Sommerschule für Glasgestaltung in Frauenau, dem sogenannten „Bildwerk Frauennau", einer gemeinnützigen Einrichtung zum Wissensaustausch von jungen und von erfahrenen Glaskünstlern aus aller Welt.
Von 1991 an bis 1995 unterrichtete sie Kunststudenten der Gutenberg-Universität, Mainz im Bereich Glaskunst und gestaltete Workshops an ihrem Glasschmelzofen.
Seit 1996 lehrt sie an dem Glass Art Department der State University of Alfred,NY.
Sie folgte damit einer Einladung als Artist in Residence. Alfred ist dafür bekannt, daß in ungewöhnlicher Weise unter einem Dach sowohl die Wissenschaft wie auch der künstlerische Umgang mit den Werkstoffen Glas und Keramik gelehrt wird. Eine Fortführung dieser Lehrtätigkeit an der Alfred University ist in Aussicht.
Ab 1998 unterrichtete sie jährlich Kunststudenten des Insitutes für Künsterische Keramik Höhr- Grenzhausen im Bereich Glas. Ziel des Seminars war es, die werkstofflichen Kenntnisse zu erweitern und die handwerklichen Fähigkeiten zu üben. Der Unterricht fand in Blockseminaren in der eigenen Werkstatt in Ingelheim statt.
Im Jahr 2000 bekam sie den Lehrstuhl und die Institutsleitung am Institut für Künstlerische Keramik und Glas HS-Koblenz - Höhr-Grenzhausen.
Dr. Matthias Lindig